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gmp im Reich der Mitte

 

VON ULRIKE BALS

con-text ideenlabor | Textarchiv | gmp im Reich der Mitte

In China hat ein gesellschaftlicher Umbruch eingesetzt, der Maos Kulturrevolution noch übertrifft. Die Wirtschaft wächst radikal, Städte erweitern und verdichten sich in atemberaubender Geschwindigkeit. Wie sich der Umbruch auf das Bauen auswirkt, schildert Volkwin Marg, gmp.

Die Teilnahme an internationalen Wettbewerben ist für das weltweit agierenden Planerduo Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg schon immer Konzept. Darin liegt gewissermaßen das Erfolgsgeheimnis ihres seit 35 Jahren bestehenden, gemeinsamen Unternehmens. Seit drei Jahren sind gmp bei unzähligen chinesischen Wettbewerben aktiv und haben auch viele davon gewonnen. Einige Projekte werden derzeit realisiert.

Allerdings sehen sie sich hier mit einem verschärften internationalen Wettbewerbswesen konfrontiert. Schnell multipliziere sich der Aufwand und die damit verbundenen Kosten um ein Vielfaches, meint Marg. "Da sind illuminierte Modelle, Computeranimationen, bewegte Bilder, 20 Monstertafeln aufgezogen und das Ganze noch über Videobeamer projiziert eine Selbstverständlichkeit". Wer bei den rauen Akquisitions-Sitten nicht mithalten könne, werde zum Aschenputtel. Dass man auch dann gelegentlich einen Prinzen finden kann, haben gmp mit ihrer erst kürzlich fertig gestellten Deutschen Schule in Peking bewiesen. Dem schlichten Entwurf schenkte zunächst keiner der chinesischen Juroren Beachtung. Doch ihr Vorsitzender und japanischer grand old man Fumihiko Maki entdeckte in der Zurückhaltung die Qualität und setzte das Projekt durch.

Bisher allerdings konnte das Hamburger Planerteam aus seinen chinesischen Aktivitäten noch keinen Gewinn verbuchen. Für Marg ist das jedoch kein Grund, seinen Optimismus zu verlieren: "Wettbewerbe bringen ein Defizit, natürlich. Der Aufwand, den wir hinein stecken, ist ungeheuer groß. Aber es hat sich noch immer ausgezahlt".

Chinas neuem kapitalistischen Hype begegnen gmp allerdings mit Skepsis. In der zunehmenden Amerikanisierung der Städte mit ihrer globalen Gesichtslosigkeit sieht Marg zugleich die Selbstverleugnung einer 5000 Jahre alten Kultur. Es gebe niemanden, der ein Stück kultureller Kontinuität zwischen dem alten China und der Gegenwart herzustellen versuche. Denn all die renommierten Architekturbüros, die jetzt ins Land pilgerten, seien letztlich nur daran interessiert, sich "wie die Piranhas im Amazonas einen Brocken dieser Amerikanisierung heraus zu beißen". In China vollziehe sich derzeit eine feuerwerksartige Explosion der neuen Zeit, die in die historische Vergangenheit einen riesigen Krater reißt. Eine Kulturrevolution, die Mao Tsetungs gewaltsame Neuordnung an Radikalität noch weit übertreffe.

Das chinesische Bedürfnis nach architektonischen Sensationen - vor allem von den Investoren aus vermarktungsstrategischen Überlegungen forciert - hat natürlich auch die formale Ästhetik bei gmp verändert. Dem Faktor der Signifikanz, der Unverwechselbarkeit, wird mittlerweile erheblich größere Bedeutung beigemessen: "Weil das sonst für die Chinesen einfach ne graue Maus ist, wenn man anständig entwirft", verteidigt Marg den internen Gesinnungswandel. "Insofern ist das schon alles etwas exaltierter und großmaßstäblicher, als wir es hier machen würden".

So hatte denn auch keines der Wettbewerbsprojekte zu denen die Hamburger Entwurfsschmiede eingeladen wurde, weniger als 100.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche - das größte umfasste gar 2,5 Mio. Quadratmeter. Was in Deutschland ein wahrhaftes "Monsterprojekt" wäre, ist nach chinesischem Maßstab "normal".

Wie vom Staat verlangt, werden alle Projekte als Jointventures mit einheimischen Büros abgewickelt, um so zu einem Know-how Transfer zu gelangen. Eine allerdings nicht immer glückliche Arbeitsgemeinschaft, bei der die chinesische Seite das Bauen übernimmt, während der ausländische Architekt alle Leistungen - von der Konzeption über die Erarbeitung der Regeldetails bis zur künstlerischen Oberleitung - zu erbringen hat. "Wer in China nicht als Generalplaner auftaucht, der kann das vergessen", resümiert Marg. Über das "nahezu mittelalterliche Zunftdenken" hier zu Lande, kann er seither nur den Kopf schütteln: "In China ist der Architekt fürs Ganze verantwortlich".

Doch gerade diese Herausforderung durch Superlative ist es, die ihn fasziniert: "Da ist man plötzlich wieder in den Zeiten des alten Roms", sinniert Marg - und seine Augen glänzen euphorisch. ULRIKE BALS

 

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